Gewerbe in der Mietwohnung

Gewerbliche Tätigkeit in der Mietwohnung: Ein Leitfaden für Vermieter

Meine Mieterin möchte ein Gewerbe in der Mietwohnung anmelden. Muss ich als Vermieter zustimmen und auf was muss ich achten wenn ich meine Zustimmung erteile.

Für Vermieter ist es essenziell, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu kennen, um ihre Rechte wahren und Pflichten erfüllen zu können. Dies betrifft nicht nur die Vertragsgestaltung, sondern auch den Umgang mit entsprechenden Anfragen von Mietern oder bei Entdeckung einer unerlaubten gewerblichen Nutzung. Die Zunahme von Home-Office und flexiblen Arbeitsmodellen hat die Relevanz dieses Themas in den letzten Jahren weiter erhöht.  

Die rechtliche Bewertung der gewerblichen Nutzung von Wohnraum ist vielschichtig und berührt neben dem Mietrecht häufig auch das Baurecht und in bestimmten Regionen das Zweckentfremdungsrecht. Pauschale Antworten sind selten möglich; oft ist eine sorgfältige Betrachtung des Einzelfalls unumgänglich. Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), hat hierzu wichtige Leitlinien entwickelt, die Vermietern als Orientierung dienen können. Die Komplexität ergibt sich dabei nicht nur aus dem Mietrecht selbst, sondern aus dem Zusammenspiel verschiedener Rechtsgebiete. Eine rein mietrechtliche Zustimmung des Vermieters ist beispielsweise nicht immer ausreichend, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften der geplanten Nutzung entgegenstehen. Dies bedeutet, dass der Vermieter nicht nur seine zivilrechtliche Beziehung zum Mieter betrachten muss, sondern auch seine eigenen öffentlich-rechtlichen Pflichten und Risiken, wie etwa Bußgelder bei Verstößen gegen ein Zweckentfremdungsverbot. Die zunehmende Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt führt zudem zu einem steigenden Bedürfnis von Mietern, Wohnraum zumindest teilweise gewerblich zu nutzen, was den Druck auf Vermieter erhöht, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen und informierte Entscheidungen zu treffen.  

I. Rechtliche Grundlagen der gewerblichen Nutzung in Wohnräumen

A. Der Mietvertrag: Vorrang des vereinbarten Nutzungszwecks

Eine Mietwohnung darf vom Mieter grundsätzlich nur vertragskonform genutzt werden. Ist im Mietvertrag explizit festgehalten, dass eine Wohnung "zu Wohnzwecken" vermietet wurde, bedarf eine darüberhinausgehende gewerbliche Nutzung grundsätzlich der Zustimmung des Vermieters. Der Begriff "gewerblich" ist in diesem Kontext weit zu verstehen und umfasst alle beruflichen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob diese steuerlich als gewerblich, selbstständig oder freiberuflich eingestuft werden.  

Werden Räumlichkeiten in einem einheitlichen Vertrag sowohl zu privaten Wohnzwecken als auch geschäftlich genutzt (sogenanntes Mischmietverhältnis), so richtet sich die Anwendbarkeit von Wohnraum- oder Gewerberaummietrecht nach dem überwiegenden Nutzungszweck, der bei Vertragsschluss vereinbart wurde. Dies wird auch als "Schwerpunkttheorie" bezeichnet. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 9. Juli 2014 (Az.: VIII ZR 376/13) betont, dass hierfür eine umfassende Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich ist. Allein die Tatsache, dass der Mieter mit der Tätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet, begründet noch kein Überwiegen der gewerblichen Nutzung. Diese Abgrenzung ist für Vermieter von erheblicher Bedeutung, da das Wohnraummietrecht strengere Mieterschutzvorschriften, beispielsweise hinsichtlich Kündigung und Mieterhöhungen, vorsieht. Eine unklare Definition des Nutzungszwecks im Mietvertrag kann dazu führen, dass trotz einer teilgewerblichen Nutzung weiterhin das Wohnraummietrecht Anwendung findet, wenn die Wohnnutzung überwiegt.  

B. Abgrenzung: Wann liegt eine zustimmungspflichtige gewerbliche Nutzung vor?

Ein zentrales Kriterium für die Frage, ob eine gewerbliche Nutzung der Zustimmung des Vermieters bedarf, ist, ob die berufliche Tätigkeit des Mieters nach außen hin in Erscheinung tritt. Eine gewerbliche Nutzung im zustimmungspflichtigen Sinne liegt insbesondere dann vor, wenn ein Mieter seine Wohnung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch als Arbeitsstätte nutzt, vor allem wenn dort der Hauptarbeitsplatz angesiedelt ist.  

C. Das Kriterium der "Außenwirkung"

Tätigkeiten mit sogenannter Außenwirkung muss der Vermieter grundsätzlich nicht ohne eine entsprechende Vereinbarung dulden. Eine Außenwirkung ist typischerweise gegeben bei regelmäßigem Kunden- oder Lieferverkehr, der Beschäftigung von Mitarbeitern in der Wohnung, der Entstehung von Lärm, Gerüchen oder anderen Emissionen, oder wenn das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes durch Werbeanlagen oder Firmenschilder verändert wird. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14. Juli 2009 (Az.: VIII ZR 165/08) klargestellt, dass der Vermieter geschäftliche Aktivitäten des Mieters freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen hin in Erscheinung treten, mangels entsprechender Vereinbarung – auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt – nicht in der Wohnung dulden muss.  

Der Begriff "Außenwirkung" ist juristisch nicht exakt quantifizierbar und daher auslegungsbedürftig. Was ein Mieter als geringfügig und nicht störend empfindet, kann für einen Vermieter oder andere Hausbewohner bereits eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen. Dies birgt ein erhebliches Konfliktpotenzial, wenn keine klaren vertraglichen Regelungen getroffen wurden. Die Rechtsprechung greift hier auf eine "typisierende Betrachtungsweise" und die Bewertung der "konkreten Umstände des Einzelfalls" zurück, was die Vorhersehbarkeit für Vermieter erschwert.  

II. Zustimmung des Vermieters: Voraussetzungen und Grenzen

A. Grundsatz: Erfordernis der Zustimmung des Vermieters

Sofern der Mietvertrag die Nutzung der Räumlichkeiten ausschließlich zu Wohnzwecken vorsieht, ist für eine gewerbliche Nutzung grundsätzlich die Zustimmung des Vermieters einzuholen. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten, die nach außen in Erscheinung treten und somit potenziell die Interessen des Vermieters oder anderer Mieter berühren könnten.  

B. Tätigkeiten ohne Zustimmungspflicht

Eine Ausnahme von der Zustimmungspflicht besteht für berufliche Tätigkeiten, die nicht nach außen in Erscheinung treten. Gemäß dem wegweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VIII ZR 165/08) bedürfen solche Aktivitäten keiner gesonderten Erlaubnis des Vermieters. Typische Beispiele hierfür sind Journalisten, Schriftsteller, Übersetzer, Gutachter oder Angestellte im Home-Office, die reine Schreibtischarbeiten am Computer erledigen, ohne Kunden in der Wohnung zu empfangen oder Mitarbeiter zu beschäftigen.  

C. Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis (§ 242 BGB)

Selbst wenn eine Tätigkeit eine geringfügige Außenwirkung hat, kann der Mieter unter Umständen einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB) haben. Dies ist dann der Fall, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:  

  • Der Wohnraum wird durch die gewerbliche Tätigkeit nicht übermäßig stark abgenutzt.
  • Das Mietobjekt verliert durch die Nutzung nicht seinen überwiegenden Wohncharakter.
  • Eine Störung anderer Mieter oder der Nachbarschaft ist ausgeschlossen.

Die Beweislast dafür, dass die gewerbliche Tätigkeit die übliche Wohnnutzung übersteigt und zu Störungen führt, liegt beim Vermieter. Gelegentlicher Kundenbesuch, beispielsweise ein- bis zweimal pro Woche, kann von den Gerichten als mit normalem Privatbesuch vergleichbar angesehen werden und muss vom Vermieter dann toleriert werden. Dieser Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis nach Treu und Glauben stellt eine wichtige Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Vermieters dar. Er kann nicht willkürlich jede Form der geringfügigen gewerblichen Nutzung untersagen, selbst wenn sie eine minimale Außenwirkung hat, sondern muss seine Ablehnung sachlich begründen.  

D. Zulässige Gründe für die Verweigerung der Zustimmung

Der Vermieter ist berechtigt, die Zustimmung zur gewerblichen Nutzung zu verweigern, wenn triftige Gründe vorliegen. Dazu zählen insbesondere:

  • Tätigkeiten mit erheblicher Außenwirkung oder solchen, die zu einer unzumutbaren Störung anderer Mieter führen. Beispiele hierfür sind lauter Musikunterricht für eine Vielzahl von Schülern , der Betrieb einer Arztpraxis mit regelmäßigem Patientenaufkommen, ein Handwerksbetrieb mit Maschinenlärm oder die Einrichtung einer Kindertagesstätte.  
  • Eine zu erwartende stärkere Abnutzung der Wohnung als bei einer rein privaten Nutzung.  
  • Die Beschäftigung von Mitarbeitern des Mieters in der Wohnung.  
  • Die Angabe der Wohnanschrift als offizielle Geschäftsadresse, wenn dies mit erheblichem Publikumsverkehr oder einer Stigmatisierung des Wohnhauses verbunden ist.  
  • Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, wie beispielsweise ein bestehendes Zweckentfremdungsverbot oder das Fehlen einer erforderlichen Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung.  

Die ungünstige Beweislastverteilung für den Vermieter bei geringfügigen gewerblichen Tätigkeiten mit minimaler Außenwirkung (er muss nachweisen, dass die Störung über das übliche Maß hinausgeht ) unterstreicht die Wichtigkeit einer klaren Kommunikation und gegebenenfalls einer gütlichen Einigung oder einer präzisen Zusatzvereinbarung, um spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden.  

III. Zulässigkeit verschiedener Arten gewerblicher Tätigkeiten

Die Frage der Zulässigkeit einer gewerblichen Tätigkeit in der Mietwohnung hängt entscheidend von deren Art, Umfang und den damit verbundenen Auswirkungen ab. Eine pauschale Einordnung von Berufen ist oft nicht möglich, da die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit im Einzelfall maßgeblich ist.

A. Stille Gewerbe und freiberufliche Tätigkeiten (z.B. Home-Office, Autorentätigkeit)

Solche Tätigkeiten sind grundsätzlich ohne spezielle Zustimmung des Vermieters erlaubt, sofern sie keine Außenwirkung entfalten. Dies betrifft beispielsweise Journalisten, Autoren, Lektoren, Übersetzer, reine Büroarbeit im Home-Office (z.B. Softwareentwicklung, Dateneingabe), die Unterrichtsvorbereitung von Lehrern, Call-Center-Mitarbeiter, die von zu Hause arbeiten, sowie Architekten oder Gutachter, die ihre Arbeit überwiegend am Schreibtisch erledigen und keinen oder nur sehr seltenen Kundenkontakt in der Wohnung haben. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnung den Hauptarbeitsplatz darstellt, solange die Tätigkeit unauffällig bleibt.  

B. Tätigkeiten mit geringem oder gelegentlichem Kundenverkehr

Hier ist eine differenzierte Betrachtung und oft eine Einzelfallprüfung notwendig. Häufig besteht ein Anspruch des Mieters auf Zustimmung des Vermieters, wenn durch den gelegentlichen Kundenverkehr keine nennenswerten Störungen anderer Mieter oder eine übermäßige Abnutzung der Mietsache zu erwarten sind. Ein bis zwei Kundenbesuche pro Woche können als mit normalem Privatbesuch vergleichbar gewertet werden und sind dann vom Vermieter zu tolerieren. Problematisch kann es jedoch werden, wenn der Kundenverkehr zunimmt, regelmäßig stattfindet oder mit Wartezeiten im Treppenhaus verbunden ist. Ein Immobilienmakler, der gelegentlich einen Kunden in seiner Wohnung empfängt, mag unproblematisch sein; anders verhält es sich, wenn er dort regelmäßig Besprechungen abhält oder ein Kommen und Gehen herrscht.  

C. Tätigkeiten mit regelmäßigem Kundenverkehr oder Störungen (z.B. Musikunterricht, Handwerksbetrieb)

Solche Tätigkeiten muss der Vermieter grundsätzlich nicht dulden, da sie typischerweise mit einer erheblichen Außenwirkung und Störungen für die Hausgemeinschaft verbunden sind. Hierzu zählen beispielsweise:  

  • Musikunterricht, insbesondere für laute Instrumente oder eine größere Anzahl von Schülern (der BGH hat entschieden, dass ein Vermieter dies nicht erlauben muss, Az.: VIII ZR 213/12).  
  • Der Betrieb einer Arztpraxis oder einer therapeutischen Praxis mit regelmäßigem Patientenverkehr.  
  • Handwerksbetriebe wie eine Schreinerei oder Reparaturwerkstatt, die Lärm oder Gerüche verursachen.  
  • Kindertagesstätten oder die Tätigkeit als Tagesmutter mit mehreren zu betreuenden Kindern. Dies wird oft als sehr fragwürdig und genehmigungspflichtig eingestuft und ist meist nur mit strengen Auflagen erlaubt.  
  • Der Betrieb eines Tonstudios, eines Internetcafés oder eines Gewerbes mit hohem Warenumschlag und Lieferverkehr.Auch die Beschäftigung von externen Mitarbeitern in der Wohnung fällt in diese Kategorie und bedarf der Zustimmung des Vermieters.  

D. Sonderfall: Kurzzeitige Vermietung an Feriengäste (z.B. Airbnb)

Die kurzzeitige Vermietung der eigenen Wohnung oder von Teilen davon an Touristen stellt einen komplexen Sonderfall dar. Zwar nutzen auch Touristen die Räumlichkeiten zum Wohnen, was per se nicht unbedingt vertragswidrig sein muss. Allerdings ist hierfür stets die Zustimmung des Vermieters erforderlich, da es sich in der Regel um eine Form der Untervermietung handelt.  

Entscheidend sind jedoch vor allem die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen. In vielen Städten und Gemeinden gibt es lokale Baugesetze, Gewerbebestimmungen oder Zweckentfremdungsverbote, die einer solchen Nutzung entgegenstehen können. Diese Verbote richten sich nicht nur an den Mieter, sondern auch an den Vermieter. Genehmigt ein Vermieter seinem Mieter die Vermietung an Touristen entgegen geltender Bestimmungen, drohen ihm empfindliche Bußgelder, die je nach Kommune bis zu 500.000 Euro pro Wohneinheit betragen können. Für Vermieter ist das Haftungsrisiko hier besonders hoch. Sie haben eine aktive Prüfpflicht bezüglich der lokalen Vorschriften, bevor sie ihre Zustimmung erteilen, um sich nicht selbst haftbar zu machen. In Frankfurt am Main beispielsweise existiert seit 2023 eine spezielle Ferienwohnungssatzung, die die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung genehmigungspflichtig macht und der Zuständigkeit der Bauaufsicht unterliegt.  

IV. Formale Schritte und vertragliche Regelungen bei Erlaubniserteilung

Erteilt der Vermieter die Erlaubnis zur gewerblichen Nutzung, sind klare formale Schritte und vertragliche Regelungen unerlässlich, um Rechtssicherheit für beide Parteien zu schaffen und späteren Konflikten vorzubeugen.

A. Informationspflichten des Mieters

Der Mieter, der eine gewerbliche Tätigkeit in seiner Wohnung ausüben möchte, die über eine rein private, nach außen nicht in Erscheinung tretende Nutzung hinausgeht, sollte den Vermieter proaktiv und umfassend informieren. Es empfiehlt sich dringend, vor Aufnahme der Tätigkeit eine schriftliche Erlaubnis einzuholen. Dabei muss der Mieter Art und Umfang der geplanten Tätigkeit detailliert offenlegen. Besteht die Absicht zur gewerblichen Nutzung bereits vor Abschluss des Mietvertrages, sollte dies idealerweise direkt im Mietvertrag festgehalten werden. Bei umfangreicheren gewerblichen Nutzungen kann der Vermieter die Vorlage relevanter Unterlagen wie Gewerbeanmeldung, Handelsregisterauszug oder eine Beschreibung des Geschäftskonzepts verlangen, um die Seriosität und die potenziellen Auswirkungen der Tätigkeit besser einschätzen zu können.  

B. Die schriftliche Erlaubnis und die Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag

Eine mündliche Erlaubnis ist zwar prinzipiell möglich, aus Beweisgründen jedoch nicht empfehlenswert. Eine schriftliche Erlaubnis, idealerweise in Form einer detaillierten Zusatzvereinbarung zum bestehenden Mietvertrag, ist der sicherste Weg. Eine solche Zusatzvereinbarung ist nicht nur eine Formalie, sondern ein zentrales Risikomanagement-Instrument für den Vermieter. Sie schafft Klarheit und kann spätere, kostspielige Streitigkeiten über den Umfang der erlaubten Nutzung verhindern. Es ist zu beachten, dass Zusatzvereinbarungen, um wirksam zu sein, individuell mit dem Mieter ausgehandelt werden sollten; die Verwendung von Standardklauseln kann problematisch sein, und handschriftliche Nachträge zum Mietvertrag sind in der Regel nicht gültig.  

Die folgende Tabelle fasst wichtige Klauseln zusammen, die eine Zusatzvereinbarung zur gewerblichen Nutzung aus Vermietersicht enthalten sollte:

Klausel-Thema
Wichtige Aspekte/Regelungsinhalte aus Vermietersicht
Genaue Beschreibung der Tätigkeit
Präzise Definition der erlaubten gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit, um eine Ausweitung auf andere, potenziell störendere Aktivitäten zu verhindern.
Festlegung der genutzten Räume/Flächenanteile
Klare Angabe, welche Räume oder Flächenanteile der Wohnung für die gewerbliche Nutzung vorgesehen sind. Wichtig zur Wahrung des überwiegenden Wohncharakters und für die Abgrenzung im Mischmietverhältnis.
Regelungen zu Arbeitszeiten, Kundenverkehr, Mitarbeitern
Festlegung von erlaubten Arbeitszeiten (insb. Einhaltung von Ruhezeiten), maximal zulässige Frequenz und Anzahl von Kunden/Besuchern, Ausschluss oder Begrenzung der Beschäftigung von externen Mitarbeitern in der Wohnung.
Ausschluss/Regelung von Störungen
Verbot oder klare Grenzwerte für Lärm, Gerüche, Erschütterungen oder andere Emissionen, die die Nachbarn beeinträchtigen könnten.
Bauliche Veränderungen/Rückbauverpflichtung
Grundsätzliches Verbot baulicher Veränderungen ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Vermieters. Bei Zustimmung: detaillierte Regelung zur Art der Veränderung und Verpflichtung zum vollständigen Rückbau bei Auszug.
Instandhaltung/Erhöhte Abnutzung
Regelung zur Verantwortlichkeit für die Beseitigung von übermäßiger Abnutzung oder Schäden, die durch die gewerbliche Nutzung entstehen.
Versicherungspflicht des Mieters
Verpflichtung des Mieters zum Abschluss und Nachweis einer angemessenen Betriebshaftpflichtversicherung, die auch Schäden Dritter (Kunden) in der Wohnung abdeckt.
Gewerbezuschlag
Gegebenenfalls Vereinbarung eines angemessenen Zuschlags zur Miete (siehe Punkt IV.C.).
Widerrufsmöglichkeit der Erlaubnis
Vereinbarung von Gründen, die den Vermieter zum Widerruf der erteilten Erlaubnis berechtigen (z.B. Verstoß gegen Auflagen, unzumutbare Störungen, Änderung der Tätigkeit).
Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften
Klarstellung, dass die mietvertragliche Erlaubnis den Mieter nicht von der Pflicht entbindet, alle erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen (Gewerbeanmeldung, Baurecht etc.) selbst einzuholen und einzuhalten. Haftungsfreistellung des Vermieters.
Gültigkeit der Hausordnung
Bestätigung, dass die bestehende Hausordnung auch für die gewerbliche Nutzung und den damit verbundenen Verkehr gilt.
 

C. Der Gewerbezuschlag: Möglichkeit und Angemessenheit

Erlaubt der Vermieter eine teilgewerbliche Nutzung der Wohnung, die über eine reine, unauffällige Home-Office-Tätigkeit hinausgeht, kann er hierfür einen sogenannten Gewerbezuschlag zur ortsüblichen Wohnraummiete verlangen. Die Höhe dieses Zuschlags und die Zahlungsmodalitäten sollten unbedingt schriftlich in der Zusatzvereinbarung festgehalten werden.  

Wichtig ist, dass auch bei Vereinbarung eines Gewerbezuschlags die Wohnnutzung der Mietwohnung weiterhin überwiegen muss, damit der mieterschützende Charakter des Wohnraummietrechts erhalten bleibt. Der Gewerbezuschlag selbst darf nicht sittenwidrig hoch sein (§138 BGB). Es existiert jedoch kein gesetzlicher Maßstab oder eine klare Obergrenze für die Angemessenheit eines solchen Zuschlags; die Orientierung an einer "Marktüblichkeit" ist in der Praxis oft schwer nachzuweisen. Eine überzogene Forderung könnte als sittenwidrig und damit als nichtig eingestuft werden. Vermieter sollten den Zuschlag daher primär als Kompensation für die erweiterte Nutzungsmöglichkeit, eine eventuell intensivere Abnutzung oder einen erhöhten Verwaltungsaufwand betrachten und nicht als Mittel zur Umgehung von Mietpreisregulierungen.  

Ein oft übersehener Aspekt ist die Fortzahlungspflicht des Gewerbezuschlags: Wird die gewerbliche Tätigkeit vom Mieter eingestellt, bleibt der einmal vereinbarte Zuschlag in der Regel weiterhin Bestandteil der Miete, es sei denn, es wurde vertraglich explizit etwas anderes vereinbart (z.B. eine Klausel, die den Wegfall des Zuschlags bei dauerhafter Aufgabe des Gewerbes regelt). Dies kann für Mieter eine erhebliche Belastung darstellen und sollte vom Vermieter im Sinne fairer Vertragsbeziehungen bei den Verhandlungen über die Zusatzvereinbarung offen thematisiert werden.  

Darüber hinaus können erhöhte Betriebskosten, die nachweislich durch die gewerbliche Tätigkeit verursacht werden (z.B. höherer Strom- oder Wasserverbrauch, häufigere Müllabfuhr), eine Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen rechtfertigen.  

V. Konsequenzen bei unerlaubter gewerblicher Nutzung

Nutzt ein Mieter die Wohnung ohne die erforderliche Erlaubnis des Vermieters gewerblich, stellt dies einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache dar (§§541,543 Abs. 1 Nr. 2,3 BGB). Dem Vermieter stehen in einem solchen Fall verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung.  

A. Die Abmahnung als erster Schritt

Bevor weitergehende rechtliche Schritte eingeleitet werden können, muss der Vermieter den Mieter in der Regel zunächst abmahnen. Die Abmahnung dient dazu, den Mieter auf sein vertragswidriges Verhalten hinzuweisen und ihm eine angemessene Frist zu setzen, die unerlaubte gewerbliche Nutzung einzustellen. Die Abmahnung muss den Pflichtverstoß konkret und nachvollziehbar benennen und die geforderte Verhaltensänderung klar formulieren. Die Abmahnung ist nicht nur eine Option, sondern in den meisten Fällen eine zwingende Voraussetzung für eine spätere Kündigung wegen vertragswidrigen Gebrauchs. Formfehler bei der Abmahnung oder deren gänzliches Fehlen können eine Kündigung unwirksam machen.  

B. Anspruch auf Unterlassung

Setzt der Mieter die unerlaubte gewerbliche Tätigkeit trotz erfolgter Abmahnung fort, hat der Vermieter einen Anspruch darauf, dass der Mieter dieses Verhalten unterlässt. Dieser Anspruch kann gerichtlich im Wege einer Unterlassungsklage durchgesetzt werden.  

C. Kündigung des Mietverhältnisses (ordentlich und fristlos)

Die Fortsetzung der unerlaubten gewerblichen Nutzung nach einer Abmahnung kann den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen.Eine ordentliche Kündigung wegen schuldhafter, nicht unerheblicher Verletzung der vertraglichen Pflichten ist nach erfolgloser Abmahnung möglich. Eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund kommt in Betracht, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann. Die Schwelle hierfür ist jedoch hoch. Beispiele für eine solche Unzumutbarkeit können der Betrieb eines Bordells, eines lauten Tonstudios, eines Internetcafés in der Wohnung oder die Nutzung als Maklerbüro mit ständigem Kundenempfang und der Beschäftigung von Mitarbeitern sein. Der Vermieter muss im Streitfall darlegen, warum ihm das Abwarten der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies wird eher bei stark störenden, illegalen oder den Ruf des Hauses schädigenden Aktivitäten der Fall sein.  

D. Schadensersatzansprüche des Vermieters

Neben Abmahnung, Unterlassungsanspruch und Kündigung kann der Vermieter unter Umständen auch Schadensersatz vom Mieter verlangen. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann beispielsweise entstehen, wenn andere Mieter im Haus aufgrund der von der unerlaubten gewerblichen Tätigkeit ausgehenden Störungen (Lärm, häufiger Kundenverkehr etc.) berechtigterweise die Miete mindern. Auch eine durch die gewerbliche Nutzung verursachte übermäßige Abnutzung der Mietsache kann Schadensersatzansprüche begründen.  

VI. Haftungsaspekte für den Vermieter

Erlaubt ein Vermieter die gewerbliche Nutzung einer Mietwohnung, können sich hieraus spezifische Haftungsrisiken ergeben, die über die bei einer reinen Wohnraumvermietung hinausgehen.

A. Verkehrssicherungspflichten bei erlaubter gewerblicher Nutzung mit Kundenverkehr

Grundsätzlich obliegen dem Vermieter Verkehrssicherungspflichten für das gesamte Gebäude und die Gemeinschaftsflächen. Dazu gehört beispielsweise die Sicherstellung einer ausreichenden Beleuchtung in Treppenhäusern und Zugangswegen, die Instandhaltung von Geländern und die Gewährleistung, dass die Zugangswege sicher benutzbar sind. Wird eine gewerbliche Nutzung mit regelmäßigem Kundenverkehr erlaubt, erweitert sich potenziell der Kreis der Personen, für deren Sicherheit der Vermieter im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflichten Sorge tragen muss. Nun betreten auch betriebsfremde Personen, die möglicherweise ortsunkundig sind, das Haus und nutzen die Gemeinschaftsflächen. Dies kann eine Anpassung der Wartungs- und Kontrollintervalle für Gemeinschaftsflächen durch den Vermieter erfordern, um Gefahrenquellen (z.B. defekte Beleuchtung, rutschige Böden) zu minimieren und Haftungsrisiken vorzubeugen.  

B. Haftung für Schäden am Gemeinschaftseigentum

Verursacht die erlaubte gewerbliche Tätigkeit des Mieters Schäden am Gemeinschaftseigentum (z.B. durch eine erhöhte Abnutzung von Treppenhaus oder Aufzug, durch Umbauten des Mieters, die in die Bausubstanz eingreifen), so haftet hierfür primär der Mieter. Der Vermieter kann jedoch dann in die Pflicht genommen werden, wenn er seinerseits Mängel am Gemeinschaftseigentum, die die gewerbliche Nutzung des Mieters beeinträchtigen oder gefährlich machen (z.B. ein defekter Aufzug, der für den Materialtransport genutzt wird), nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt. Eine unklare Abgrenzung der Verantwortlichkeiten für Instandhaltung und Reparaturen in einer Zusatzvereinbarung zur gewerblichen Nutzung kann hier zu erheblichen Streitigkeiten führen.  

C. Haftung gegenüber Dritten (z.B. Kunden des Mieters)

Verletzt der Vermieter seine Verkehrssicherungspflichten und kommt ein Kunde des Mieters auf dem Grundstück oder in den Gemeinschaftsflächen zu Schaden, kann der Vermieter hierfür haftbar gemacht werden. Ebenso können Mängel an der Mietsache selbst, die der Vermieter zu vertreten hat (z.B. eine nicht fachgerecht reparierte Stufe in der Wohnung, die als Praxisraum dient), zu einer Haftung des Vermieters gegenüber geschädigten Dritten führen. Um diese Risiken zu minimieren, ist eine klare vertragliche Regelung der Verantwortlichkeiten entscheidend. Zudem sollte der Vermieter über eine ausreichende Gebäudehaftpflichtversicherung verfügen und den Mieter in der Zusatzvereinbarung zum Abschluss und Nachweis einer Betriebshaftpflichtversicherung verpflichten, die auch Schäden abdeckt, die Kunden in den Mieträumen erleiden könnten.  

VII. Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen: Baurecht und Zweckentfremdungsverbot

Neben den mietvertraglichen Vereinbarungen sind bei der gewerblichen Nutzung von Wohnraum stets auch öffentlich-rechtliche Vorschriften zu beachten. Eine mietrechtliche Erlaubnis des Vermieters schützt weder Mieter noch Vermieter vor öffentlich-rechtlichen Sanktionen, wenn die Nutzung gegen diese Vorschriften verstößt.

A. Notwendigkeit einer baurechtlichen Nutzungsänderungsgenehmigung

Die Umwandlung von Räumen, die ursprünglich zu Wohnzwecken genehmigt wurden, in gewerblich genutzte Flächen kann eine baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Raum ausschließlich als Büro oder Praxis genutzt wird oder die Tätigkeit eine deutliche Außenwirkung hat, beispielsweise durch ein angebrachtes Firmenschild oder regelmäßigen Kundenverkehr. Die Zuständigkeit für die Erteilung einer solchen Genehmigung liegt bei der Bauaufsichtsbehörde der jeweiligen Kommune oder Stadt. In einigen Bundesländern, wie beispielsweise Hessen (und damit auch Frankfurt am Main), kann eine Nutzungsänderung von Wohngebäuden unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen baugenehmigungsfrei sein, etwa wenn sie im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegt, die Erschließung gesichert ist und die Gemeinde kein Baugenehmigungsverfahren verlangt.  

B. Das Zweckentfremdungsverbot: Länderspezifische Regelungen und Auswirkungen

Ein bundesweit einheitliches Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum existiert in Deutschland nicht; die entsprechenden Regelungen sind Ländersache. Viele Bundesländer und insbesondere Städte mit angespannten Wohnungsmärkten haben jedoch Zweckentfremdungsverbotsgesetze oder -satzungen erlassen (z.B. Berlin ). Eine Zweckentfremdung liegt typischerweise vor, wenn Wohnraum für gewerbliche oder berufliche Zwecke, für längeren Leerstand oder für die wiederholte kurzzeitige Vermietung als Ferienwohnung genutzt wird.  

In Berlin gilt beispielsweise der Grundsatz, dass keine Zweckentfremdung vorliegt, solange die Wohnnutzung in der Wohnung überwiegt (mehr als 50% der Fläche). Wird weniger als 49% der Wohnfläche gewerblich genutzt, kann eine Anzeige beim Bezirksamt ausreichend sein, anstelle eines förmlichen Genehmigungsantrags.Für Frankfurt am Main ist die Situation spezifisch: Das allgemeine Zweckentfremdungsverbot wurde im Jahr 2004 aufgehoben. Allerdings wurde im März 2023 eine spezielle Ferienwohnungssatzung eingeführt, die die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung oder zu ähnlichen Zwecken der Fremdenbeherbergung genehmigungspflichtig macht; zuständig ist hier die Bauaufsicht Frankfurt.Verstöße gegen Zweckentfremdungsverbote können zu empfindlichen Bußgeldern führen. Diese können nicht nur den Mieter, sondern auch den Vermieter treffen, insbesondere wenn er die zweckentfremdende Nutzung kennt, duldet oder ihr sogar mietvertraglich zugestimmt hat. Der Vermieter hat hier eine erhebliche Verantwortung und sollte die lokalen Bestimmungen genau kennen.  

C. Die "geringfügige gewerbliche Mitbenutzung" aus baurechtlicher Sicht

Der Begriff der "geringfügigen gewerblichen Mitbenutzung", die möglicherweise keiner Baugenehmigung bedarf, ist gesetzlich nicht exakt definiert und daher auslegungsbedürftig. Die Bauaufsichtsbehörden entscheiden hier im Einzelfall. Als Anhaltspunkt kann gelten, dass eine solche geringfügige Mitbenutzung dann vorliegt, wenn die Wohnnutzung klar im Vordergrund steht und durch die gewerbliche Tätigkeit keine wesentlichen baulichen oder betrieblichen Änderungen erfolgen und keine erhöhten Anforderungen an die Erschließung oder den Brandschutz gestellt werden. Beispiele aus Frankfurt deuten darauf hin, dass die Nutzung eines Arbeitszimmers durch einen Anwalt, der dort auch wohnt, oder das Aufstellen eines PC-Tisches im Wohnzimmer für einen Büroservice als geringfügig angesehen werden könnten.Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) spielt hier ebenfalls eine Rolle, da sie regelt, welche Arten von Gewerbe in welchen Baugebieten (z.B. reine Wohngebiete, allgemeine Wohngebiete, Mischgebiete) grundsätzlich zulässig sind. Freiberufliche Tätigkeiten sind gemäß §13 BauNVO in reinen Wohngebieten oft privilegiert zulässig, können aber dennoch im Einzelfall eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellen, insbesondere wenn ein Raum ausschließlich gewerblich genutzt wird. Die Definition von "geringfügiger gewerblicher Mitbenutzung" ist vage und kann regional unterschiedlich gehandhabt werden, was Rechtsunsicherheit für Vermieter schafft. Im Zweifel ist eine frühzeitige Anfrage bei der zuständigen Baubehörde immer ratsam.  

VIII. Relevante Gerichtsentscheidungen für Vermieter

Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH), hat in den vergangenen Jahren wichtige Leitlinien zur gewerblichen Nutzung von Wohnraum entwickelt. Die Kenntnis dieser Urteile ist für Vermieter unerlässlich, um ihre Rechte und Pflichten korrekt einschätzen zu können.

A. Überblick über wichtige BGH-Urteile

Die folgende Tabelle fasst die Kernaussagen einiger zentraler BGH-Entscheidungen zusammen:

Aktenzeichen & Datum
Kernaussage(n) des Urteils
Bedeutung/Implikation für Vermieter
Relevante Fundstellen
BGH, Urt. v. 14.07.2009 – VIII ZR 165/08
- Keine Duldungspflicht des Vermieters für nach außen in Erscheinung tretende geschäftliche Aktivitäten ohne entsprechende Vereinbarung. <br> - Aber: Anspruch des Mieters auf Erlaubnis nach Treu und Glauben (§242 BGB) möglich, wenn Tätigkeit keine weitergehenden Einwirkungen als übliche Wohnnutzung hat (keine Störung, keine übermäßige Abnutzung, kein Verlust des Wohncharakters). <br> - Beweislast für Störung liegt beim Vermieter.
Vermieter können Außenwirkung nicht pauschal verbieten, müssen aber auch nicht alles dulden. Eine Einzelfallprüfung ist notwendig. Die Beweislast für Störungen ist eine Hürde.
BGH, Urt. v. 10.04.2013 – VIII ZR 213/12
Bestätigt, dass Vermieter z.B. Musikunterricht (mit Außenwirkung/Störungspotenzial) in der Wohnung nicht erlauben muss.
Stärkt die Position des Vermieters bei klar störenden Tätigkeiten mit Außenwirkung.
BGH, Urt. v. 09.07.2014 – VIII ZR 376/13
- "Schwerpunkttheorie" bei Mischmietverhältnissen (Wohn- und Geschäftsräume). <br> - Entscheidend ist der bei Vertragsschluss vereinbarte überwiegende Nutzungszweck. <br> - Kriterien: Vertragsmuster, Flächenanteile, Mietzusammensetzung (mit/ohne USt.); Zweck der Erwerbstätigkeit (Lebensunterhalt) allein nicht entscheidend. <br> - Im Zweifel (wenn gewerbliche Nutzung nicht überwiegt) gilt Wohnraummietrecht.
Bei Mischverhältnissen ist Vorsicht geboten. Wenn die Wohnnutzung überwiegt, greifen die strengeren Mieterschutzregeln des Wohnraummietrechts, auch wenn eine gewerbliche Nutzung erlaubt wurde. Dies erfordert eine sehr genaue Vertragsgestaltung.
 

Weitere Urteile, beispielsweise des Kammergerichts Berlin zur Kündigung bei fehlender Konzession für eine Spielhalle oder diverse Urteile zur Einhaltung der Schriftform bei Gewerbemietverträgen , sind primär für reine Gewerberaummietverhältnisse relevant. Sie können jedoch Bedeutung erlangen, wenn ein Mischmietverhältnis im Einzelfall als Gewerberaummiete eingestuft wird oder wenn es um spezifische Kündigungsfragen geht. Urteile zur konkreten Höhe eines zulässigen Gewerbezuschlags sind selten und bestätigen meist nur den Grundsatz, dass dieser nicht sittenwidrig überhöht sein darf.  

Die Rechtsprechung des BGH zeigt den Versuch, einen angemessenen Ausgleich zwischen den legitimen Interessen des Vermieters an der Erhaltung des Wohncharakters seiner Immobilie und dem Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen einerseits und den Interessen des Mieters an einer flexiblen Nutzung seiner Wohnung für unauffällige berufliche Tätigkeiten andererseits zu finden. Es gibt weder eine absolute Dispositionsfreiheit des Vermieters, jede Form der gewerblichen Nutzung zu untersagen, noch eine uneingeschränkte Freiheit des Mieters, seine Wohnung nach Belieben gewerblich zu nutzen. Vermieter sind daher gut beraten, Anfragen zur gewerblichen Nutzung nicht pauschal abzulehnen, sondern die vom BGH aufgestellten Kriterien sorgfältig zu prüfen und ihre Entscheidung nachvollziehbar zu begründen. Eine willkürliche Ablehnung einer objektiv unproblematischen Nutzung kann rechtswidrig sein.

IX. Praktische Handlungsempfehlungen für Vermieter

Angesichts der komplexen Rechtslage und der potenziellen Konflikte sollten Vermieter bei Anfragen zur oder Anzeichen einer gewerblichen Nutzung von Wohnraum strategisch und informiert vorgehen:

  1. Proaktive Kommunikation und klare Vertragsgestaltung: Idealerweise wird der Nutzungszweck der Wohnung bereits im Mietvertrag klar als "ausschließlich zu Wohnzwecken" definiert. Bei späteren Anfragen von Mietern bezüglich einer gewerblichen Nutzung ist das offene Gespräch zu suchen, um genaue Informationen über Art, Umfang und mögliche Auswirkungen der geplanten Tätigkeit zu erhalten.
  2. Sorgfältige Prüfung von Anfragen: Jede Anfrage ist individuell zu prüfen. Kriterien sind: Art und Umfang der Tätigkeit, erwarteter Kunden- oder Lieferverkehr, Notwendigkeit von Mitarbeitern, Lärm- und Geruchspotenzial, geplante bauliche Veränderungen, sonstige Außenwirkungen, mögliche Störungen anderer Mieter sowie die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit (Baurecht, Zweckentfremdungsverbot).
  3. Rechtssichere Zusatzvereinbarungen: Wird eine gewerbliche Nutzung erlaubt, ist der Abschluss einer schriftlichen, detaillierten Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag unerlässlich (siehe Tabelle unter IV.B.). Diese sollte alle relevanten Aspekte regeln und individuell ausgehandelt werden. Gegebenenfalls ist die Vereinbarung eines angemessenen Gewerbezuschlags in Betracht zu ziehen. Die wichtigste Handlungsempfehlung ist Prävention durch klare vertragliche Regelungen und sorgfältige Prüfung, bevor eine Erlaubnis erteilt wird, da nachträgliche Korrekturen oft schwierig und konfliktträchtig sind.
  4. Kenntnis der lokalen Vorschriften: Vermieter müssen sich über die spezifischen baurechtlichen Bestimmungen und etwaige Zweckentfremdungsverbote oder -satzungen ihrer Kommune bzw. ihres Bundeslandes informieren, da diese die Zulässigkeit maßgeblich beeinflussen und bei Missachtung zu empfindlichen Strafen führen können.
  5. Konsequentes Vorgehen bei unerlaubter Nutzung: Wird eine unerlaubte gewerbliche Nutzung festgestellt, sollte zeitnah eine formell korrekte Abmahnung erfolgen. Bei Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs sind weitere Schritte wie eine Unterlassungsklage und gegebenenfalls die Kündigung des Mietverhältnisses zu prüfen.
  6. Lückenlose Dokumentation: Sämtliche Kommunikation mit dem Mieter, getroffene Vereinbarungen, Abmahnungen und sonstige relevante Vorgänge sollten sorgfältig und schriftlich dokumentiert werden.
  7. Einholung rechtlicher Beratung: Bei Unsicherheiten, komplexen Fallgestaltungen (z.B. geplante umfangreiche gewerbliche Nutzung, Streitigkeiten mit dem Mieter, Fragen zur Vertragsgestaltung) oder bei der Prüfung öffentlich-rechtlicher Vorgaben sollte frühzeitig fachkundiger Rechtsrat bei einem auf Mietrecht spezialisierten Rechtsanwalt eingeholt werden. Der Vermieter sollte sich nicht scheuen, detaillierte Fragen zur geplanten gewerblichen Tätigkeit zu stellen, denn nur so kann er eine fundierte Entscheidung treffen und die Risiken adäquat einschätzen.  
  8. Versicherungen prüfen und anpassen: Die eigene Gebäudehaftpflichtversicherung sollte auf Deckungsschutz im Falle einer (teil-)gewerblichen Nutzung überprüft werden. Der Mieter sollte in der Zusatzvereinbarung zum Abschluss und Nachweis einer angemessenen Betriebshaftpflichtversicherung verpflichtet werden.

X. Fazit und Ausblick

Die gewerbliche Nutzung von Wohnraum durch Mieter stellt für Vermieter ein rechtlich und praktisch anspruchsvolles Thema dar. Eine pauschale Erlaubnis oder ein generelles Verbot ist selten der richtige Weg. Vielmehr erfordert die Materie eine sorgfältige Abwägung der Interessen des Mieters an einer flexiblen Nutzung seiner Wohnung, der Rechte des Vermieters auf Schutz seines Eigentums und Wahrung des Hausfriedens sowie der Einhaltung zwingender öffentlich-rechtlicher Vorgaben.

Die klare Definition des Nutzungszwecks im Mietvertrag und die genaue, dokumentierte Prüfung jeder einzelnen Anfrage zur gewerblichen Nutzung sind für Vermieter von entscheidender Bedeutung. Schriftliche Zusatzvereinbarungen bieten die beste Möglichkeit, Rechte und Pflichten beider Parteien klar und rechtssicher zu regeln und somit späteren Konflikten vorzubeugen. Die Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung, insbesondere der Leitlinien des Bundesgerichtshofs, sowie der spezifischen lokalen Vorschriften (Baurecht, Zweckentfremdungsverbot) ist dabei unerlässlich.

Angesichts der sich stetig wandelnden Arbeitswelt, mit einem zunehmenden Trend zu Home-Office, freiberuflicher Tätigkeit und flexiblen Arbeitsmodellen, ist davon auszugehen, dass das Thema "Gewerbe in der Mietwohnung" auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Vermieter sind gut beraten, sich auf diese Entwicklung flexibel, aber stets rechtlich fundiert und mit Blick auf die eigenen Interessen und Pflichten einzustellen. Eine proaktive Auseinandersetzung mit der Thematik und die Bereitschaft, im Einzelfall interessengerechte Lösungen zu finden, können dazu beitragen, ein positives Mietverhältnis zu erhalten und gleichzeitig die eigenen Rechte als Vermieter zu wahren.

Hans Peter Seefelder

Über den Autor Hans Peter Seefelder

In über 35 Jahren durfte ich mit meinem Team in 5 Bundesländern Vermietern bei der Mietersuche behilflich sein.

In dieser Zeit konnte ich für über 10 000 Wohnungen nette und solide Mieter vermitteln.

Seit Einführung des Bestellerprinzip 2015 biete ich für Vermieter meinen Service "Mieterakquise und Terminservice für Vermieter"

Die preisgünstige Art, nette und solide Mieter zu finden.

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